Karlas Wecker klingelte sehr früh. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, aber Karla konnte die ersten Sonnenstrahlen am Horizont sehen. Sie freute sich auf ihre heutige Forschungsreise, denn sie würde lernen, wie Sterne und Planeten entstehen. Sie stieg in ihre Rakete und plante ihre Reiseroute. Sorgfältig suchte sie alle Koordinaten heraus und tippte sie nacheinander in ihren Computer. Ihr erstes Ziel lag weit entfernt vom Sonnensystem.
Karla startete die Rakete. Schon bald schwebte sie im Weltall und schaute auf die kleiner werdende Erde, ihr wundervolles Zuhause. Ihr Ziel war der Orionnebel, der sich im Sternbild Orion befand.
Der Orionnebel bestand hauptsächlich aus Gas und Staub. In dieser Umgebung würde Karla lernen, wie Sterne und Planeten entstehen. Je näher Karla kam, umso deutlicher konnte sie die Schönheit des Orionnebels sehen. Um sie herum schimmerte es in den schönsten Farben. Das Gas leuchtete grün oder rot und der Staub bildete bizarre Formen.

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Karla schaute sich neugierig um und war fasziniert, wie wunderschön dieser Ort war. Dann sah sie vor sich ein Motiv, das sie schon oft auf Bildern gesehen hatte, den Pferdekopfnebel. Vor einem rot leuchtenden Nebel formte der Staub die Figur eines Pferdekopfes. Karla freute sich, dass sie diesen Nebel mit eigenen Augen sehen durfte.
Karla flog eine ganze Weile im Orionnebel umher, bis sie schließlich den Ort fand, nach dem sie suchte. Es war ein eher unscheinbares Objekt, das sie vor sich hatte – eine dunkle und dichte Staubwolke, die sich wie ein dunkler Fleck vor dem farbenfrohen Hintergrund absetzte. Karla wusste, das dies die erste Stufe war, um neue Sterne und Planeten zu bilden.
Diese dichte Staubwolke war dadurch entstanden, dass sich viel Gas und Staub an einer Stelle gesammelt hatte. Durch die große Masse der Staubwolke wurde immer mehr Staub und Gas anzogen. Diese Anziehung nannte man Gravitation. Der Staub und das Gas bewegten sich immer weiter auf die Mitte der Staubwolke zu, wodurch die Staubwolke immer kleiner und dichter wurde. Karlas Messinstrumente zeigten außer der großen Dichte auch eine sehr hohe Temperatur im Inneren der Staubwolke.
Außerdem sah Karla, dass sich die Staubwolke schnell um sich selber drehte. Karla wusste, dass dies bei Drehbewegungen beobachten werden konnte. Eine Eistänzerin drehte sich langsamer, wenn sie ihre Arme weit ausgestreckt hatte. Ihre Drehung wurde schneller, wenn sie ihre Arme an den Körper drückte. Karla probierte es direkt mit ihrem Schreibtischstuhl aus. Und tatsächlich, es klappte.
Bei der Staubwolke war es genauso. Je kleiner die Staubwolke wurde, umso schneller drehte sie sich. Und gleichzeitig wurde sie in der Mitte immer dichter und heißer. Karla wusste, dass man diesen Prozess Gravitationskollaps nennt.
Karla bestaunte die Staubwolke noch eine Weile und flog dann weiter. Ihr nächstes Ziel war eine ähnliche Staubwolke, die aber sehr viel kleiner war. Als Karla ihre Messinstrumente auf diese kleine Staubwolke richtete, staunte sie, denn im Zentrum der Staubwolke war es sehr heiß, sie war viel dichter und drehte sich viel schneller.
Gerade als Karla die kleine Staubwolke vermaß, passierte etwas Unglaubliches. Ein Teil des Staubs wurde vom Zentrum der Staubwolke weg in alle Richtungen geblasen, so stark, dass Karlas Rakete zu wackeln begann. Karla verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. “Huch! Was war das denn?”, wunderte sie sich.
Als Karla wieder zur Staubwolke blickte, konnte sie ihren Augen kaum glauben, denn im Zentrum konnte sie einen neuen, hell leuchtenden Stern sehen.
Karla schrieb sofort alle ihre Messdaten auf, die sie vor und nach der Geburt des Sterns aufgenommen hatte. Sie überlegte, was da genau passiert war.
Mithilfe der Daten stellte sie fest, dass die Temperatur im Inneren der Staubwolke so groß geworden war, dass das Wasserstoffbrennen begonnen hatte. Dadurch entstand Energie und Licht, die die kleinen Staubteilchen und das Gas weggeblasen hatte. Deshalb hatte Karlas Rakete so geruckelt. Karla schaute sich im Orionnebel um und sah viele dieser jungen Sterne.

Karla erinnerte sich an ihre Forschungsreise, bei der sie die Sterne untersucht hatte. Sie hatte damals gelernt, wie das Wasserstoffbrennen funktionierte und dass dieser Prozess einen Stern ausmachte. Und jetzt war sie dabei gewesen, als ein neuer Stern geboren worden war!
Karla sah auch, dass der Gravitationskollaps mit einem Mal gestoppt hatte. Der neue Stern wurde nicht mehr kleiner, sondern hatte eine stabile Größe. Er drehte sich auch mit einer konstanten Geschwindigkeit um sich selber.
Sie bestaunte den neuen Stern. Welchen Namen man ihm wohl geben wird, überlegte sie.
Dann sah sie noch etwas anderes. Nicht der gesamte Staub um den Stern herum war weggeblasen worden, sondern die größeren Staubteilchen und größeren Objekte, die sich gebildet hatten, drehten sich weiter um den neuen Stern. Diese Objekte formten langsam eine Scheibe, die sich wie die Ringe von Saturn um den Stern drehten.
Dabei kam es immer wieder zu Kollisionen zwischen den Staubteilchen und manchmal blieben die Teilchen aneinander haften und wuchsen dadurch zu größeren Staubteilchen. Und so ging es weiter, bis schließlich immer größere Objekte entstanden, die unaufhörlich um den Stern in der Mitte kreisten. Karla wusste, dass auf diese Weise irgendwann Planeten entstehen würden.
Bald würde aus der Staubwolke, die Karla zu Beginn gesehen hatte, ein richtiges Planetensystem mit einem hell leuchtenden Stern in der Mitte entstanden sein. Wie wundervoll, dachte Karla.

Auf dem Weg zurück zu ihrem Lieblingsplaneten, der Erde, schrieb Karla ihre Beobachtungen zusammen mit ihren Messdaten sorgfältig auf.
Müde und glücklich schlief sie an diesem Abend ein und träumte von dem neu entstandenen Stern im Orionnebel.

Erklärungen zu den Geschichten
für interessierte Kinder und Erwachsene
Was ist Gravitation?
Die Gravitation oder Gravitationskraft ist eine Grundkraft in der Physik und beschreibt die gegenseitige Anziehung von Massen. Jede Masse zieht jede andere Masse an, daher spricht man auch oft von Massenanziehung. Je weiter die Massen auseinander sind, umso weniger stark ziehen sie sich an, aber diese Anziehung wird nie null. Je größer eine Masse ist, umso stärker ist ihre Anziehung. Daher bleiben wir zum Beispiel auf der Erde stehen ohne ins Weltall zu fliegen, da wir von der Masse der Erde angezogen werden. Da der Mond weniger Masse hat, ist die Gravitationskraft geringer. Wenn wir als auf dem Mond stehen würden, könnten wir einfacher hoch springen und sozusagen mit Leichtigkeit auf dem Mond herumhüpfen. Interessant ist auch, dass man die Gravitationskraft nicht abschirmen kann, wie man z.B. elektrische Kräfte abschirmen kann.
Was ist ein Gravitationskollaps?
Der Gravitationskollaps beschreibt den Prozess, dass Masse aufgrund der Gravitation in sich zusammenfällt. Dieser Prozess wird bei der Sternentstehung aber auch in der Endphase eines Sterns beobachtet.
In einer Staubwolke kann es lokal zu einer höheren Ansammlung von Gas und Staub kommen. Dadurch werden weitere Staubteilchen und Gas von dieser lokal erhöhten Masse angezogen. Die so entstandene Staubwolke wächst weiter aufgrund der Anziehung von mehr Staub und Gas. Je größer diese Staubwolke wird, um so weiter reicht die Gravitation und immer mehr Staub aus weiterer Entfernung wird angezogen. Diesem Gravitationskollaps steht keine anderen Kraft entgegen, die die Bewegung des Staubs Richtung Mitte die Staubwolke aufhält. Die Staubteilchen bewegen sich also unaufhaltsam Richtung Zentrum der Staubwolke, wodurch die Staubwolke immer massereicher und immer kleiner wird.
Warum dreht sich die Staubwolke?
Im Universum steht nichts still, alle Objekte bewegen sich durch den Raum. Die Bewegungen sind in vielen Fällen Drehbewegungen. So bewegen sich auch die Staubteilchen und das Gas im interstellaren Raum. Bei einem Gravitationskollaps dreht sich die entstehende Staubwolke um sich selber. Je massereicher und kleiner die Staubwolke wird umso schneller dreht sie sich. Dies geschieht aufgrund der Drehimpulserhaltung.
Was verstehst man untere Drehimpuls und Drehimpulserhaltung: Wenn ein Spielauto angestoßen wird und losfährt, würde es, wenn es keine Reibung geben würde, einfach immer weiterfahren ohne zu stoppen. Nur aufgrund der Reibung, die die Räder mit der Oberfläche haben, stoppt es nach einer bestimmten Strecke. Im Weltall gibt es keine (kaum) Reibung, nicht in der Form, wie wir sie auf der Erde beobachten, daher bewegt sich ein Objekt einfach weiter, wenn es einmal angestoßen wurde. Wenn sich also ein Objekt dreht, dreht es sich immer weiter. Nur eine von außen gegebene Kraft kann dies stoppen.
Bei der Staubwolke wird die Drehbewegung ebenfalls nicht gestoppt. Hinzu kommt noch, dass die Staubwolke aufgrund des Gravitationskollapses immer kleiner wird. Betrachten wir eine Eistänzerin. Sie hat die Arme weit ausgestreckt und dreht sich. Wenn sie die Arme dann an ihren Körper presst und sich klein macht, dreht sie sich schneller. Man kann es einfach mit seinem Schreibtischstuhl ausprobieren. Bei der Staubwolke ist es genau so, je kleiner die Staubwolke aufgrund des Gravitationskollapses wird, umso schneller dreht sie sich. Dies wird Drehimpulserhaltung genannt.
Wie entsteht ein Stern?
Durch den Gravitationskollaps wird es im Zentrum der Staubwolke immer dichter. Durch die hohe Dichter erhöht sich die Temperatur im inneren der Wolke. Da der Gravitationskollaps durch nichts gestoppt wird, kommt es auch zu sehr hohen Temperaturen.
Erst wenn eine Grenztemperatur erreicht ist, die in etwa 15 Millionen Grad Celsius beträgt, startet ein neuer Prozess.
Bei dieser Temperature beginnt das Wasserstoffbrennen (siehe Karla erforscht die Sterne) und im Zentrum der Staubwolke formt sich ein Stern. Durch das Wasserstoffbrennen wird Energie produziert, die dem Gravitationskollaps entgegen wirkt und ihn schließlich stoppt. Durch das Wasserstoffbrennen wird Energie produziert, die nach außen abgetragen wird. Diese Energie trifft auf die Staubteilchen und das Gas und bläst die kleine Teilchen und das Gas nach außen weg. Diese Kraft wird Strahlungsdruckkraft genannt. Nur größere Staubteilchen werden von der Gravitation des Sterns gehalten und kreisen um den neu entstandenen Stern.
Wie entstehen Planeten?
Der Staub der sich nach der Sternentstehung weiterhin in einer Wolke um den Stern dreht, sinkt langsam in eine Scheibe ab, die sich um den Stern dreht, so wie die Staubringe des Saturn. In diesem Prozess kommt es immer wieder zu Kollisionen zwischen den Staubteilchen, bei diesen Kollisionen können die Staubteilchen aneinander haften bleiben und zu größeren Objekten wachsen. Diese Objekte sind schließlich so groß, dass sie aufgrund ihrer Masse durch Gravitation weiterer Staubteilchen anziehen. So wächst der Objekt weiter. Wie im ersten Schritt der Sternentstehung kommt es dann zu sehr hohen Temperaturen im inneren dieser Objekte, so dass das Material sehr heiß und flüssig wird. Die zuvor unregelmäßige Form des Objekts verändert sich zu einer Kugel. Diesen Prozess nennt man Differenzierung. Dabei bewegen sich das schwerere Material wie Metall ins innere des Planeten und das leichtere Material bleibt an der Oberfläche.